Adveniat zur Stichwahl am 15.10.2023
Stürmische Zeiten in Ecuador

Die Demokratie Ecuadors ist alles andere als vorbildlich – ob der Ausgang der Stichwahl am kommenden Sonntag daran etwas ändert, ist ungewiss.

In Ecuador wird am Sonntag eine neue Regierung gewählt. Im Vorfel der Wahlen erlebten die Menschen auch in der Metropole Quito viel Gewalt und Einschüchterung. Foto: © Adveniat/Pohl

Der amtierende Präsident Guillermo Lasso hatte das Parlament nach Korruptionsvorwürfen, die sich gegen ihn selbst richteten, im Juni aufgelöst. Mit diesem Schritt waren vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen nötig. Der erste Wahlgang fand im August statt – neben Luisa González, linke Vertreterin des Correísmo, zog der zweitplatzierte Mitte-Rechts-Kandidat Daniel Noboa bei den außerordentlichen Präsidentschaftswahlen überraschend in die Stichwahl ein. Zwischen diesen beiden Personen entscheidet sich am Sonntag das Präsidentenamt. Luisa Gonzalez war die einzige weibliche Kandidatin, die aus der Partei des einflussreichen, Ex-Präsidenten Rafael Correa (2007-2017) stammt. Noboa ist Sohn eines der größten Bananenfabrikanten Ecuadors, sein Vater hatte in der Vergangenheit bereits mehrmals für das Amt kandidiert und war 2006 gegen Rafael Correa gescheitert.

Volksentscheide gegen den Abbau fossiler Brennstoffe

Parallel zum ersten Wahlgang fanden im August bemerkenswerte Volksentscheide unter anderem gegen die Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark im Amazonasgebiet statt, der erfolgreich war. Mit Ecuador hat sich damit erstmals eine Nation per Volksentscheid für den Schutz der Natur und gegen den Abbau fossiler Brennstoffe entschieden. „Adveniat unterstützt schon seit Jahren die indigenen Völker im ecuadorianischen Amazonasgebiet und kennt die zerstörerische Wirkung der Erdölförderung im Nationalpark. Die neue Regierung sollte sich verpflichten, die Referenden umzusetzen,“ so Thomas Wieland, Leiter des Bereichs Ausland und Ecuador-Länderreferent beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, „zumal die Ausbeutung fossiler Energieträger an Profitabilität eingebüßt hat und Zahlungen für entstandene Schäden immer öfter von den geschädigten Personengruppen erfolgreich eingefordert werden. Zudem leidet das Land enorm unter den Auswirkungen der Umweltzerstörung und des Klimaphänomens El Niño“. Im Juni dieses Jahres wurde Ecuador bereits von heftigen Überschwemmungen getroffen.

Thomas Wieland, Leiter des Bereichs Ausland und Ecuador-Länderreferent beim Lateinamerika Hilfswerk Adveniat
Foto: Steffen/Adveniat.

Kritische Sicherheitslage

Neben den Klimakatstrophen, bereiten Gewalt und Drogenkartelle dem Land Probleme: „Seitdem der Friedensprozess in Kolumbien begonnen hat, verlagern sich gewalttätige Auseinandersetzungen immer stärker nach Ecuador“, berichtet Thomas Wieland. „Zudem nutzen mexikanische Drogenkartelle Ecuador zunehmend als Transitland für den Schmuggel von Drogen, wodurch die Gewalt weiter zunimmt. Für die Projekte, die Adveniat in Ecuador unterstützt, ist dies sehr herausfordernd, denn die Sicherheitslage wird für unsere Projektpartnerinnen und -partner zunehmend kritischer.“

Auch der Wahlkampf wurde durch zahlreiche Attentate überschattet. Er fand seinen Höhepunkt, als der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio kurz vor dem ersten Wahlgang im August ermordet wurde. Neben Villavicencio fielen etliche andere Kandidatinnen und Kandidaten auf lokaler Ebene Attentaten zum Opfer. Villavicencio hatte einen zunehmenden Einfluss des Drogenhandels auf Politik und Gesellschaft kritisiert und über Korruptionsfälle während der Präsidentschaft des linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa (2007 bis 2017) berichtet. An seiner Stelle war der investigative Journalist Christian Zurita eingesprungen, der 16,4 Prozent der Stimmen erhielt.

Am Sonntag kann die Bevölkerung von Ecuador nun entscheiden, welche Richtung die kommende Regierung einschlagen wird. Die Volksentscheide sollten für die neue Person im Amt eine Zielrichtung vorgeben.