Adveniat: Lage in Honduras dramatisch
„Menschen hungern“
Die Corona-Pandemie hat die Missstände und Ungleichheit in Honduras deutlich hervorgehoben. Doch nun verschärft sich die Situation auch durch den Ukraine-Krieg, sagt Adveniat-Chef Pater Martin Maier, der mit einer Delegation dort war.
Viele Menschen in Honduras leben in extremer Armut. Die Corona-Pandemie hat die Missstände und Ungleichheit noch deutlich hervorgehoben. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
Landschaftlich gesehen ist Honduras ein wunderschönes Land, aber auch ein tief gespaltenes Land mit enormer sozialer Ungerechtigkeit. Ist das auch in der Corona-Pandemie deutlich geworden?
So ist das. Die Corona-Pandemie hat in Lateinamerika wie ein Brandbeschleuniger für die Armut gewirkt. Die Pandemie hat noch einmal auch wie eine Röntgenaufnahme die sozialen Missstände die Ungleichheit gezeigt. 70 Prozent der Menschen in Honduras leben in Armut, 50 Prozent in extremer Armut. Das bedeutet ein sehr, sehr labiles Lebensgleichgewicht und Corona hat das noch einmal aus dem Lot gebracht.
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Ich denke auch an eine andere Krise: Der Krieg in der Ukraine. Der hat ja auch bei uns in Deutschland schon vieles teurer gemacht und trifft wahrscheinlich auch die Ärmsten der Armen in Honduras. Wie hat sich das vor Ort bemerkbar gemacht?
Die Erhöhung der Lebensmittelpreise hat natürlich auch dramatische Auswirkungen auf die Menschen in Honduras, auf die Armen. Das ist eine unmittelbare Auswirkung des Ukraine-Kriegs mit dem Anstieg der Treibstoffpreise.
Das bedeutet, dass die Bustickets im öffentlichen Transport teurer werden und das wirkt sich bei den Armen natürlich dann sehr schnell auch auf das Essen, auf die Nahrung aus. Sie geben mehr Geld für den Bus aus und können weniger für Grundnahrungsmittel wie Bohnen und Reis ausgeben. Ich habe in Honduras Menschen gesehen, die hungern.
Adveniat Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ. Foto: Pohl/Adveniat
Die katholische Kirche versucht den Menschen da zur Seite zu stehen. Was für Projekte unterstützt denn Adveniat in Honduras?
Wir haben während der Corona-Pandemie Nothilfe geleistet, mit Hygieneartikeln, mit Masken. Wir haben auch Nothilfe in Suppenküchen geleistet. Das ist für die Menschen in der Corona-Pandemie das unmittelbar Wichtigste gewesen.
Aber darüber hinaus haben wir Projekte mit einer indigenen Bevölkerungsgruppe, den Tolupanes. Die konnten wir auch auf der Delegationsreise besuchen. Die leben in den Bergen. Die kämpfen um ihre Rechte. Die haben sich mit den transnationalen Firmen zu konfrontieren, die die Bodenschätze ausbeuten. Auch hier unterstützt Adveniat eine Menschenrechtsorganisation, die sich für die Rechte der Tolupanes einsetzt.
Wir haben ein neues Gebäude der Gefängnisseelsorge in San Pedro Sula für die Wiedereingliederung von aus den Gefängnissen entlassenen Gefangenen einweihen können. Wir konnten auch in der Stadt Puerto Cortés am Atlantik ein Gefängnis besuchen. Die Verhältnisse dort sind natürlich unbeschreiblich.
Im Nachbarland Nicaragua hat ja die katholische Kirche einen äußerst schwierigen Stand. Wie sieht das in Honduras aus? Kommt da die Hilfe gut an?
Die Hilfe kommt gut an. Es gibt keine staatliche Unterdrückung und Verfolgung der Kirche, so wie das in Nicaragua derzeit der Fall ist. Aber diejenigen, die sich in Honduras in der Kirche für Menschenrechte, für die Umwelt engagieren, sind auch bedroht und die werden verfolgt. Die bekannteste Umweltaktivistin, Berta Cáceres, ist 2016 ermordet worden.
Wir hatten in der Stadt El Progreso ein Treffen mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Sozialen Instituts ERIC. Wir waren in dem Rundfunksender El Progreso. Dort war zum Beispiel eindrücklich, dass die ihre Rundfunk-Programme hinter einer schusssicheren Scheibe machen, weil sie damit rechnen müssen, dass jemand auf sie schießen kann.
Das Interview führte Florian Helbig von Domradio.