Kämpfer gegen Angst und Perspektivlosigkeit in El Salvador

Er lässt die Jugendlichen nicht allein: Manuel Morán. Als Caritas-Direktor versucht er ihnen gemeinsam mit dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat eine Perspektive für eine bessere Zukunft zu bieten – mit Bildung und ohne Gewalt.

Manuel Morán zeigt den Jugendlichen in El Salvador Lebensperspektiven auf. Foto: Adveniat/Hans-Maximo Musielik

Ohne Manuel Morán und sein Team von der Caritas Santa Ana wären Irma Tovar und ihre vier Schwestern wohl Sexsklavinnen von Kriminellen geworden. Die fünf Mädchen lebten in Agua Fría im Westen El Salvadors als Kinder von Kleinbauern. Doch dann erkor eine kriminelle Jugendbande das abgelegene Dorf, in dem es keine Polizeistation und kein Handysignal gibt, als Stützpunkt aus. Sie besetzten Häuser, vertrieben Familien, erpressten Schutzgelder und vergewaltigten Mädchen.

„Einige Mädchen wurden von ihnen verschleppt. Manche tauchten nie wieder auf, andere kehrten misshandelt und schwanger zurück“, erzählt Irma Tovar. In einer Nacht versuchten Kriminelle – vermutlich im Drogenrausch – in das Haus der Familie einzudringen. „Wir starben fast vor Angst. Von da an gingen wir nicht einmal mehr zur Schule“,  erzählt die 25-jährige Irma.

Ein Pfarrer alarmierte damals Manuel Morán. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde die Familie aus dem Dorf gebracht. Viele Monate psychologischer Betreuung waren notwendig, um die traumatisierte Familie zu stabilisieren, wie der Caritas-Direktor erzählt. Heute besucht Irma Tovar eine Fachhochschule und macht eine Ausbildung zur Krankenschwester – dank eines Stipendiums des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Auch ihre Schwestern können dank Stipendien die Schule zu Ende machen, obwohl die Familie alles zurücklassen musste.

„In dieser Lebensrealität sind die Stipendien ein Rettungsanker“

Manuel Morán, Direktor der Caritas Santa Ana

Inzwischen hat sich die politische Situation verändert, da Präsident Nayib Bukele entschlossen gegen die Jugendbanden vorgegangen ist und die meisten Mitglieder nun im Gefängnis sind. Doch Arbeits- und Ausbildungsplätze hat seine Politik der harten Hand nicht gebracht. Besonders für Kinder aus armen Elternhäusern gibt es weiterhin kaum Perspektiven. Die Polizei kriminalisiert Jugendliche pauschal, viele werden willkürlich festgenommen und haben aufgrund des seit März 2022 verhängten Dauer-Ausnahmezustands keine Chance, ihre Unschuld zu beweisen. „In dieser Lebensrealität sind die Stipendien ein Rettungsanker“, sagt Manuel Morán. Er spricht aus eigener Erfahrung: seine Eltern waren Bauern und Analphabeten. Dank Spenden, die ein Pfarrer sammelte, konnte er die Schule abschließen und Agronomie studieren. Nach einem schweren Unfall lang Manuel Morán wochenlang gelähmt im Krankenhaus, doch er rappelte sich auf. Landwirt konnte er zwar nicht mehr werden, aber die Caritas stellte ihn als Projektleiter ein. Sein Beispiel inspiriert die vielen Jugendlichen, die er seit Jahren auf ihrem Weg aus Angst und Perspektivlosigkeit begleitet. Wenn El Salvador vorankommen will, muss die Jugend gestärkt werden, anstatt sie zu kriminalisieren, betont Manuel Morán. Armut dürfe nicht länger ein Hindernis für den Zugang zu Bildung darstellen.

Text: Sandra Weiss; Fotos: Hans Maximo Musielik

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„Glaubt an uns – bis wir es tun!“

Jugendliche in Lateinamerika und der Karibik erleben täglich Armut, Gewalt und Perspektivlosigkeit. Viele haben die Hoffnung auf eine sichere und gute Zukunft verloren. Adveniat und die lokalen Projektpartnerinnen und –partner glauben jedoch an sie und schaffen sichere Orte, wo Jugendliche Perspektiven entwickeln können. Kunst- und Kulturangebote, Workshops und Stipendien ermöglichen ihnen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Kirche und Gesellschaft aktiv zu gestalten.