Indigene planen eigenen Klimagipfel – Kirche kritisiert Ölförderung im Regenwald
Erdölförderung, Goldsuche und Soja-Anbau bedrohen das Leben im Amazonas. Zur Weltklimakonferenz in Belem organisieren indigene Gruppen einen “Gipfel der Völker” – damit ihre Stimme gehört wird.

Adveniat schafft immer wieder Möglichkeiten, Indigenen eine Stimme zu geben. Hier bei der Übergabe eines Menschenrechtsberichtes von REPAM an das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Berlin. (Symbolbild) Foto: Adveniat/Martin Steffen
Auf dem Flughafen trommeln die Presslufthämmer, Baustellen prägen das Bild der Innenstadt. Restaurierte Gebäude und eine neue Uferpromenade locken zum Verweilen ein. Und überall hängen Plakate, die auf die bevorstehende Weltklimakonferenz COP 30 hinweisen. Geht es nach Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, dann soll der Klimagipfel das Image seines Heimatlandes stärken. Austragungsort ist vom 10. bis 21. November die Amazonas-Metropole Belem im Nordosten des Landes.
Doch Lulas Image als Vorreiter des Regenwald-Beschützers gerät zunehmend ins Wanken. Entscheidungen für eine Erdölförderung im Amazonas-Mündungsbecken, das Voranschreiten des Soja-Anbaus mit neuen Eisenbahn- und Autobahnplänen, die Zunahme von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln, die immer weiter voranschreitenden illegalen Banden, die in der Region mit Quecksilber nach Gold suchen, Bäume fällen oder den Wald zum Drogenanbau nutzen, setzen die indigenen Völker in der Region zunehmend unter Druck. Deshalb haben sie im Vorfeld und während des COP30-Treffens zu verschiedenen Aktionen aufgerufen.
“Klimagipfel ist eine Illusion”
“Dieser Klimagipfel ist doch eine Illusion”, sagt der katholische Geistliche Edilberto Francisco Moura Sena (83) aus Santarem am Amazonas-Zufluss Rio Tapajos. “Wenn es bereits 29 Klimakonferenzen gegeben hat und sich die Situation bereits zu einer Klimakrise entwickelt hat, die sich zu einer globalen Katastrophe ausweitet, welche Erwartungen können wir dann hier von einer Konferenz im Amazonasgebiet haben?”, fragt Moura Sena im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA).
Besonders die Ölförderpläne der Regierung Lula im Amazonas-Mündungsbecken rufen die Ablehnung des Pfarrers hervor. “Das ist ein Skandal, dass der Präsident sagt, man werde Öl fördern, um es zu verkaufen und mit dem Geld die Umwelt zu schützen. Das steht im Widerspruch zur COP30, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzt.” Moura Sena befürchtet einen Dammbruch. Das grüne Licht für die Förderung im ökologisch sensiblen Amazonas-Becken könnte nur der Anfang weiterer zusätzlicher Projekte in der Region sein.
Moura Sena ist eng mit den indigenen Gemeinden in der Amazonas-Region und dem kirchlichen Amazonas-Netzwerk REPAM vernetzt. Er erwartet Widerstand in Belem gegen die Pläne der Regierung. Nicht bei der Klimakonferenz selbst, sondern bei den angekündigten Demonstrationen von mehreren tausend Indigenen am Rande der Konferenz und bei ihrem autonom organisierten Gipfeltreffen der Völker: “Ich gehe davon aus, dass die sozialen Bewegungen, die in Belem in großer Zahl anwesend sein werden, insbesondere beim Gipfel der Völker aktiv sein werden. Sie werden Regierungen dazu zwingen, die Zerstörung der Umwelt zu stoppen. Das ist meine Erwartung. Mit der Klimakonferenz selbst verbinde ich keinerlei Hoffnungen.”
Adveniat stärkt indigene Stimmen
„Wir leiden enorm unter der fehlenden Anerkennung unserer Gebiete”, sagt Marcley Pataxó vom Volk der Pataxó bei einem Besuch in der Adveniat-Geschäftsstelle in Essen. “Indigene werden angegriffen oder ermordet, weil ihnen dieses Recht verweigert wird. Sie sind den Interessen des Agro-Business schutzlos ausgeliefert und Menschen, denen die Umwelt völlig egal ist. Für uns ist der wichtigste Weg, der Klimakrise entgegenzutreten, indigene Territorien zu demarkieren.“
Die indigenen Gemeinden, fühlten sich von der Konferenz ausgeschlossen, erklärt Stephan Neumann vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. “Sie fühlen sich nicht gehört und haben keine Stimme.” Quilombolas – Nachfahren geflohener afrikanischer Sklaven – und Indigene wollten sich zusammentun und beim “Gipfel der Völker” lautstark für ihre Rechte eintreten. Das sei auch im Sinne der Kirche, betont Neumann. “Papst Franziskus hat in seiner Umwelt- und Sozialenzyklika vom gemeinsamen Haus Amazonas gesprochen. Und dieses Haus können alle nur gemeinsam retten.”
Text: Tobias Käufer/kna/adv

