Haiti: Ordensfrauen und Mädchen von bewaffneten Banden getötet

Bei einem Angriff bewaffneter Banden auf die Stadt Mirebalais wurden zwei Ordensfrauen getötet. Auch ein Mädchen starb, das die Schwestern betreuten. Adveniat-Referentin bezeichnet Situation im Land als Krieg.

Schätzungen zufolge haben fast 12.000 bewaffnete Bandenmitglieder die Kontrolle über viele städtische Gebiete übernommen, darunter auch Port-au-Prince. Foto: Adveniat/Martin Steffen (Symbolbild)

Die Ordensfrauen Evanette Onezaire und Jeanne Voltaire von der Kongregation der heiligen Therese starben bei einem Angriff krimineller Banden auf die Stadt Mirebalais, die etwa fünfzig Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Port-au-Prince liegt. Nach Angaben lokaler Medien arbeiteten die beiden Schwestern an der örtlichen Schule und hatten sich bei dem Angriff mit einem Mädchen in ein Haus geflüchtet. Die Kriminellen drangen jedoch in das Gebäude ein und erschossen sowohl die Schwestern als auch das Mädchen.

Seit mehreren Wochen ist Mirebalais Schauplatz eines Gewaltausbruchs beispielloser Intensität. Wie haitianische Medien dem Fidesdienst mitteilten, sind die Straßen mit Leichen übersät und sogar das Universitätskrankenhaus wurde angegriffen. Banden ließen auch mehr als 500 Häftlinge frei, die sich dann auf der Straße verteilten, was zu einer allgemeinen Unsicherheit beitrug.

Die Ordensfrauen Evanette Onezaire und Jeanne Voltaire sowie ein Mädchen, das sich in ihrer Obhut befand, starben bei einem Angriff krimineller Banden auf die Stadt Mirebalais. Foto: Projektpartner

„Die Lage in Haiti, vor allem in der Metropole Port-au-Prince, muss als „Krieg“ bezeichnet werden“, sagt Adveniat-Haiti-Referentin Soraya Jurado. Niemand sei mehr vor den Banden sicher, da immer mehr bisher respektierte Grenzen überschritten werden. „Wer kann flieht!“, so Jurado. Die Zahl der zwangsvertriebenen Menschen – mittlerweile ganze Familien – steige immer weiter an. Die Adveniat-Projektpartner in Haiti nehmen die Flüchtlinge in den Gemeinden auf, verteilen Lebensmittel- und Hygienepakte und bieten wann immer möglich auch psychologische Begleitung an.

Die für die Angriffe verantwortlichen bewaffneten Gruppen gehören zwei bekannten Banden an: den „400 Mawozo“ und einer weiteren, die sich selbst „Taliban“ nennt. Beide sind Mitglieder der Übergruppe Viv Ansam, die die Kontrolle über weite Teile des Nordens der Hauptstadt ausübt. Ganz Haiti unterliegt dem Joch dieser Gewalt. Schätzungen zufolge haben fast 12.000 bewaffnete Bandenmitglieder die Kontrolle über viele städtische Gebiete übernommen, darunter auch Port-au-Prince.

In den letzten Tagen hat sich die Gewalt auf andere Städte ausgeweitet, wie es in einem BBC-Bericht heißt. Tausende wütende Bürger gingen in der Hauptstadt auf die Straße, um gegen die Ohnmacht der Behörden angesichts dieses Terrors zu protestieren. Während dieser Demonstrationen kam es zu Schießereien.

Die anhaltende Gewalt trifft auch immer wieder Adveniat-Projektpartner und andere, die humanitäre Hilfe leisten. In Rivière-Froide, im südwestlichen Vorort von Port-au-Prince, ist derzeit das Gemeindehaus umzingelt. „Wir sind Gefangene in unserem Haus“, erklärte Schwester Denise Desil. In einem einfachen und aufrichtigen Appell kam sie zu dem Schluss: „Beten Sie für uns.“ (ml)