Haiti erlebt Schrecken ohne Ende – Welt schaut weg, Adveniat-Hilfe bleibt

Das ärmste Land der westlichen Hemisphäre ist gefangen in einer riesigen humanitären Katastrophe. Der Rest der Welt nimmt kaum Notiz davon. Adveniat bleibt an der Seite der Menschen und unterstützt sie auf vielfältige Weise.

Haiti ist eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre. Adveniat unterstützt sowohl die Menschen, die in Haiti ausharren müssen, als auch die Menschen, die fliehen. Foto: Martin Steffen/Adveniat

Jeder zehnte Mensch in Haiti hat seinen Wohnort wegen der allgegenwärtigen Gewalt verlassen und befindet sich als Binnenvertriebener auf der Flucht. In nüchternen Zahlen ausgedrückt: 1,3 Millionen Haitianer gelten als Flüchtlinge im eigenen Land. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist das ein neuer Höchststand.

Schon vor anstehender Hurrikan-Saison kaum noch Lebensmittelvorräte

Die Schreckensnachrichten aus dem Inselstaat reißen nicht ab. Vor der anstehenden Hurrikan-Saison, die in der Regel auch die Karibik hart trifft, hat Haiti quasi keine Lebensmittelvorräte mehr. In den USA macht die Migrationsbehörde ICE Jagd auf Haitianer, die sich vor der Gewalt krimineller Banden und der Armut unter anderem nach Florida gerettet haben. Ihr Schutzstatus ist in Gefahr – Abschiebungen drohen, trotz der verheerenden Lage in Haiti.

Auch das Nachbarland Dominikanische Republik schiebt und weist im großen Stil ab. Allein in den vergangenen zwei Monaten wurden rund 200.000 Haitianer abgewiesen oder abgeschoben. Wie viele davon mehrfach über die Grenze kamen, ist nicht bekannt. Das Land verstärkt den Bau seiner Grenzmauer und fühlt sich vom Rest der Welt mit der humanitären Herausforderung alleingelassen.

Adveniat unterstützt Menschen mit Mahlzeiten, Bildungsangeboten und auf der Flucht

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt sowohl die Menschen, die in Haiti ausharren müssen, als auch die Menschen, die fliehen. Selbst in der stark umkämpften und von Gewalt geprägten Hauptstadt Port-au-Prince finanziert Adveniat Hilfe für Kinder und Jugendliche. Im Projekt „Foyer de l´espérance“ (Foyer der Hoffnung) erhalten sie eine warme Mahlzeit, Bildungsangebote, werden gesundheitlich versorgt und können im geschützten Raum ihre Freizeit verbringen. Entschließen sich die Menschen, ihre Heimat zu verlassen, leistet Adveniat durch seine Projektpartnerinnen und -partner auf der gefährlichen Flüchtlingsroute Hilfe: Die Mitarbeitenden verteilen Lebensmittel und Medikamente, bietet in sicheren Unterkünften Schutz und ermöglicht mit Ausbildungsprojekten für Migranten die Chance auf einen Neuanfang in Lateinamerika.

Morde, Entführungen, sexuelle Gewalt an der Tagesordnung

Jüngst meldete sich UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk zu Wort. Nach Angaben seines Büros wurden zwischen 1. Januar und 30. Mai 2025 mindestens 2.680 Menschen durch Banden getötet, darunter 54 Kinder. Fast 1.000 Menschen wurden verletzt und mehr als 300 entführt, um Lösegeld zu erpressen. Besonders Frauen und Mädchen sind Übergriffen der Banden schutzlos ausgeliefert, sexuelle Gewalt durch die Kriminellen und die Rekrutierung von Kindern als Handlanger für ihre illegalen Geschäfte nehmen ebenfalls weiter zu, berichtete das UN-Menschenrechtsbüro.

“So alarmierend diese Zahlen auch sind – sie können das Grauen, das die Haitianer täglich erdulden müssen, nicht in Worte fassen”, sagte Türk. “Ich bin entsetzt über die zunehmende Ausbreitung von Bandenangriffen und anderen Menschenrechtsverletzungen über die Hauptstadt hinaus – und zutiefst besorgt über ihre destabilisierenden Auswirkungen auf andere Länder in der Region.”

Leid geht an Rest der Welt fast unbemerkt vorbei

Obwohl Menschenrechtsorganisationen und die UN laufen über die Lage in Haiti informieren, geht das am Rest der Welt fast unbemerkt und vor allem wirkungslos vorbei. Eine Polizei-Mission, vorwiegend mit Kräften aus Kenia besetzt, versucht Ordnung im Land zu schaffen. Allein ist sie aber überfordert.

Die US-Regierung interessiert sich vor allem für hohe Abschiebezahlen, hält sich bei der Lösung des Problems dagegen weitgehend zurück. Dabei sind es auch illegale Waffen aus den USA, die das Arsenal der Banden auffüllen und für ein Ungleichgewicht zwischen organisierter Kriminalität und staatlichen Sicherheitskräften sorgen. Sicher ist derzeit nur eins: Ein Ende des kaum vorstellbaren Leids der Haitianer ist noch lange nicht in Sicht.

Text: Tobias Käufer/kna/adv