Brasilien will wieder der globale Klimamusterschüler sein

Auf der COP29 in Baku versucht Brasilien die Weichen für eine erfolgreiche Klimakonferenz Ende 2025 in Belém zu stellen. Dafür geht das Land mit ambitionierten Klimazielen voran.

Abholzung ist in und für Brasilien ein wichtiges Thema. Foto: Adveniat

Vom 11. bis zum 22. November findet in Aserbaidschans Hauptstadt Baku die UN-Klimakonferenz COP29 statt. Während die Staats- und Regierungschefs noch über Ziele und Finanzierung von Klimaschutz diskutieren, ist Adveniat gemeinsam mit dem panamazonischen kirchlichen Netz Repam bereits aktiv. Ganz im Sinne der Enzyklika von Papst Franziskus und den Beschlüssen der Amazonas-Synode setzt sich Adveniat für den Erhalt des Amazonas-Regenwalds und den Schutz der indigenen Völker ein, deren Heimat durch Abholzung bedroht ist. Dabei sind indigene Gemeinschaften „Hüter des Waldes“. Wo indigenen Gemeinschaften das Recht auf ihr Land zugesichert ist, wird deutlich weniger Wald abgeholzt. Im Amazonas und den anderen Urwäldern Lateinamerikas steht Adveniat an ihrer Seite und hilft ihnen, ihre Gebiete vor den Interessen großer Konzerne und krimineller Gruppen zu schützen.

Gute Nachrichten aus dem Amazonas

Brasilien stellt in Baku bereits die Weichen für die Nachfolgekonferenz im November 2025 im brasilianischen Belém. Gute Nachrichten gab es zunächst Anfang November aus Brasilien. Laut Brasiliens staatlichem Klimainstitut Inpe ist die Abholzung in Amazonien über einen Zeitraum von 12 Monaten um über 30 Prozent zurückgegangen, auf nun rund 6300 Quadratkilometer. Das bedeutet die geringste Rodungsrate in den vergangenen 15 Jahren.

Präsident Luiz Inácio Lula da Silva knüpft damit an nach den Jahren unter dem Rechtspopulisten Jair Messias Bolsonaro (2019 – 2022), der den Umweltschutz regelrecht sabotierte, an die Erfolge der Umweltpolitik während seiner ersten zwei Amtszeiten (2003 bis 2010) an. So verwies Lulas Umweltministerin Marina Silva bei der Präsentation der erfreulichen Daten des Inpe darauf hin, dass unter der Anfang 2023 ins Amt gekommenen Regierung die Geschwindigkeit, in der die Regenwälder abgeholzt werden, bereits um 45 Prozent gesunken ist. Dadurch habe man verhindert, dass 359 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangten.

Brasiliens Klimaziele auf der COP29

Das sind gute Nachrichten in Zeiten zunehmender Klimakatastrophen. Das auf der Pariser Klimakonferenz 2015 ausgegebene Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, scheint nicht mehr erreichbar. Man steuere derzeit auf eine Erwärmung von 2,5 bis 3 Grad hin, glauben viele Experten. So kommt der COP29 in Baku, aber auch der kommenden COP30 in Belém eine besondere Bedeutung zu: die Formulierung neuer ambitionierter und erreichbarer Klimaziele.

Brasilien ist in Baku vorangegangen. Man werde die Emissionen bis 2035 auf zwischen 850 Millionen und eine Milliarde Tonnen CO2 reduzieren, versprach Vizepräsident Geraldo Alckmin in Baku. Zum Vergleich: im vergangenen Jahr hat Brasilien rund 2,3 Milliarden Tonnen CO2 an Emissionen ausgestoßen. Der Abholzung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Denn rund die Hälfte der brasilianischen Emissionen wird durch Brandrodung verursacht.

Und so gab Alckmin am Dienstag in Baku dieses Versprechen ab: „Wir werden die Abholzung der Wälder auf null reduzieren.“ Lula hatte 2022 im Wahlkampf versprochen, bis 2030 die „null Abholzung“ zu erreichen. Allerdings betont Lula stets, dass dies die illegale Abholzung betreffe, sprich die durch kriminelle Organisationen durchgeführte. Ein großer Teil der Abholzungen in Brasilien ist jedoch legal und durch Gesetze zur Nutzung der Wälder gedeckt. Um seine ambitionierten Klimaziele zu erreichen, müsste Lula eigentlich auch die legale Abholzung auf null bringen, glauben Experten.

Vorbereitungen für G20-Gipfel und COP30 in Brasilien

Derzeit arbeitet Brasilien in Baku darauf hin, dass möglichst viele Länder in einem Jahr in Belém neue ambitionierte Klimaziele präsentieren. Zudem will man auf der aktuellen COP29 endlich Lösungen für die stockende Finanzierung der Klimarettung finden. Von den Milliarden Dollar an Hilfsgeldern für arme und von der Klimakrise gebeutelte Länder, die 2015 in Paris zugesagt wurden, ist bisher wenig angekommen. Zuletzt hatte Lula mehrfach in scharfer Form angemahnt, die reichen Industrienationen mögen ihre finanziellen Versprechen endlich einlösen.

Betont optimistisch zeigte sich Brasiliens Umweltministerin Marina Silva in Baku. Wenn man hier und jetzt das Problem der Finanzierung löse, dann könnte Brasilien in einem Jahr in Belém konkrete Maßnahmen zur Klimarettung auf den Weg zu bringen.

Für die Regierung kommt die Nachricht der geringen Rodungen in Amazonien auch deshalb genau richtig, weil man in der kommenden Woche Gastgeber des G20-Gipfels ist. Am 18. und 19.11. werden die wichtigsten Staats- und Regierungschefs in Rio de Janeiro zusammenkommen. Gastgeber Lula will sich auch dort für Klima- und Umweltschutz aussprechen.

Allerdings liegt über dem G20-Gipfel der gleiche Schatten, der derzeit auch über der COP29 in Baku liegt: die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Der Republikaner hält die Klimakrise für ein „Hirngespinst“, und statt auf grüne Energien zu setzen fordert er: „drill, drill, drill – (nach Erdöl) bohren, bohren, bohren“. Er hat bereits versprochen, dass die USA unter ihm aus dem Pariser Klimaabkommen austreten wird. Angesichts dieser düsteren Aussichten kommt Brasiliens Führungsrolle beim globalen Kampf gegen die Klimakrise eine noch wichtigere Rolle zu.

Autor: Thomas Milz